(15) Schneidetisch im Amateurfilmstudio LPG Linum. Hinten an der Wand der Monitor und zwei Lautsprecherboxen
(16) Der Vorführraum im Amateurfilmstudio: hinter dem Vorhang verbirgt sich die Leinwand, links und rechts Lautsprecher
(17) Filmvertonung: vorne Emil Jurkowski, mit Kopfhörer Joachim Berckholtz, hinten Kurt Westphal
Als Emil Jurkowski Ende der 1960er Jahre anfing, in der LPG zu filmen, fand die Fertigstellung dieser Filme in der Dachkammer seines Hauses statt. Dort hatte er für die Vertonung eine kleine Sprecherkabine eingerichtet und für den Schnitt einen schmalen Tisch unter die Dachschräge gebaut, an dem maximal drei Personen dicht nebeneinander sitzen konnten. »Es war gemütlich«, erinnert sich Jurkowski, »aber sehr beengt.« Die Filmerei war von der Leitung der LPG von Anfang an ausdrücklich begrüßt worden. Der Vorsitzende Horst Hasse stellte Jurkowski von der Arbeit frei, damit er sich das Filmstudio im Dachboden einrichten konnte. 1974 stieg Jurkowski von 8mm Film auf 16mm um. Die LPG finanzierte dazu eine Krasnogorsk Kamera. Und er wollte aus der Beengtheit des Dachbodens raus. In einer leerstehenden Gaststätte in Hakenberg sah Jurkowski die Lösung, und nach hartnäckiger Überzeugungsarbeit konnte er dort das Amateurfilmstudio Linum (Afs Linum) einrichten.
(18) Filmvorführung mit anschließender Diskussion im Studio. Zu Gast (Mitte) ist der Filmautor Rolf Hempel, rechts LPG-Dispatcher Joachim Berckholtz
(19) Preise, Auszeichnungen und Urkunden an der Wand des Filmstudios
(20) Das Logo des Amateurfilmstudios LPG Linum wurde in verschiedenen Ausführungen jeweils im Vorspann der Filme verwendet
Sukzessive baute er die Gaststätte um und das Studio auf: Einen Raum für die Technik, einen für Geräte, eine Dunkelkammer und vor allem den geräumigen Vorführraum. An dessen Wand hing die Leinwand. Wie im Kino war sie hinter einem Vorhang verborgen, der sich per Knopfdruck öffnen ließ. Vier Lautsprecher verteilten sich im Raum, der Filmprojektor stand hinter einer Glaswand gegenüber der Leinwand. Jurkowski: »Alle Brigaden haben hier Filme angeschaut. Auch viele Delegationen waren da aus Polen, Tschechien und Argentinien, vom Deutschen Fernsehfunk und sogar vom westdeutschen NDR. Im Winter war jedes Wochenende Programm.«
In die technische Ausstattung steckte Jurkowksi viel Ehrgeiz. Einiges wurde von der LPG angeschafft, jedoch auch vieles durch geschickte Übernahmen geregelt. So kamen ausrangierte Geräte aus anderen Studios oder vom Rundfunk dazu, auch wurden Geräte in Kooperation z.B. mit Kultureinrichtungen betrieben. Mit der Hilfe eines Kollegen konnte Jurkowski zudem Geräte reparieren und umbauen. Er erinnert sich an Besucher des Studios, die erstaunt bemerkten, es sähe fast aus wie bei der DEFA.
Die meisten Amateurfilmstudios und Clubs waren als Kollektive organisiert. Das Afs Linum aber war im Grunde das Studio eines Einzelamateurs. Drei LPG-Kollegen (Günter Jüstel, Kurt Westphal und LPG-Dispatcher Joachim Berckholz) brachten sich regelmäßig ein, z.B. als Sprecher und natürlich auch als Darsteller. In der Presseberichterstattung wurden sie gerne als Mitarbeiter tituliert. Dennoch lag der gesamte Prozess von der Filmidee über das Drehbuch, die Filmaufnahmen, Schnitt und Vertonung bis hin zu den vielen Filmvorführungen in Jurkowskis Händen. Er war als einziger anfangs zeitweise, später komplett für die Filmarbeit frei gestellt. Viele seiner Kollegen konnten dafür kein Verständnis aufbringen.
Als Autodidakt hat sich Jurkowski vor allem durch die Bücher von Rolf Hempel fortgebildet, „Wege zum Drehbuch“ hebt er hier besonders hervor. Punktuell bekam er als Amateur auch Schulung durch Vertreter der DEFA und der Filmhochschule. In der für ihn typischen Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein resümiert er: »Das bisschen was ich konnte, hab ich mir selber beigebracht. Durch das Fotografieren hatte ich wohl gelernt, Bildausschnitte zu suchen. Naja, und mit jedem Film wurde ich etwas besser.« Tatsächlich hatte sich das Afs Linum schon früh durch verschiedene Auszeichnungen einen Namen gemacht. Ein Foto zeigt zahlreiche Urkunden und Preise, die an der Wand des Vorführraums im Studio hängen. Die Filme kletterten die straff organisierte Wettbewerbs-Leiter für Amateurfilme hoch: von Kreis- über Bezirks-Ebene, dann in den zentralen Leistungsvergleich der DDR bis hin zu internationalen Wettbewerben.
Emil Jurkowski ist ein Phänomen: Einerseits hat er die gängigen Genres der Amateurfilmstudios bedient, allen voran die vom FDGB geförderten Arbeitsschutzfilme. Dies aber auf eine so überraschende und der Konvention nicht entsprechende Art, dass sie auffielen. Andererseits hat er mit der Wahl seiner Filmthemen auch bewusst seinen eigensinnigen Blick auf die Gesellschaft formuliert. Und all dies vor seinem Hintergrund als Bauer, über den er nicht nur filmisch in »Beleidigung« reflektiert. Welcher Anteil in ihm den größeren Raum einnimmt, Filmemacher oder Bauer? Jurkowski: »Der Filmemacher! Ich war nie mit Begeisterung Bauer. Aber das Filmen habe ich mit Leidenschaft getan.«
Als Emil Jurkowski Ende der 1960er Jahre anfing, in der LPG zu filmen, fand die Fertigstellung dieser Filme in der Dachkammer seines Hauses statt. Dort hatte er für die Vertonung eine kleine Sprecherkabine eingerichtet und für den Schnitt einen schmalen Tisch unter die Dachschräge gebaut, an dem maximal drei Personen dicht nebeneinander sitzen konnten. »Es war gemütlich«, erinnert sich Jurkowski, »aber sehr beengt.« Die Filmerei war von der Leitung der LPG von Anfang an ausdrücklich begrüßt worden. Der Vorsitzende Horst Hasse stellte Jurkowski von der Arbeit frei, damit er sich das Filmstudio im Dachboden einrichten konnte. 1974 stieg Jurkowski von 8mm Film auf 16mm um. Die LPG finanzierte dazu eine Krasnogorsk Kamera. Und er wollte aus der Beengtheit des Dachbodens raus. In einer leerstehenden Gaststätte in Hakenberg sah Jurkowski die Lösung, und nach hartnäckiger Überzeugungsarbeit konnte er dort das Amateurfilmstudio Linum (Afs Linum) einrichten.
(15) Schneidetisch im Amateurfilmstudio LPG Linum. Hinten an der Wand der Monitor und zwei Lautsprecherboxen
(16) Der Vorführraum im Amateurfilmstudio: hinter dem Vorhang verbirgt sich die Leinwand, links und rechts Lautsprecher
(17) Filmvertonung: vorne Emil Jurkowski, mit Kopfhörer Joachim Berckholtz, hinten Kurt Westphal
Sukzessive baute er die Gaststätte um und das Studio auf: Einen Raum für die Technik, einen für Geräte, eine Dunkelkammer und vor allem den geräumigen Vorführraum. An dessen Wand hing die Leinwand. Wie im Kino war sie hinter einem Vorhang verborgen, der sich per Knopfdruck öffnen ließ. Vier Lautsprecher verteilten sich im Raum, der Filmprojektor stand hinter einer Glaswand gegenüber der Leinwand. Jurkowski: »Alle Brigaden haben hier Filme angeschaut. Auch viele Delegationen waren da aus Polen, Tschechien und Argentinien, vom Deutschen Fernsehfunk und sogar vom westdeutschen NDR. Im Winter war jedes Wochenende Programm.«
In die technische Ausstattung steckte Jurkowksi viel Ehrgeiz. Einiges wurde von der LPG angeschafft, jedoch auch vieles durch geschickte Übernahmen geregelt. So kamen ausrangierte Geräte aus anderen Studios oder vom Rundfunk dazu, auch wurden Geräte in Kooperation z.B. mit Kultureinrichtungen betrieben. Mit der Hilfe eines Kollegen konnte Jurkowski zudem Geräte reparieren und umbauen. Er erinnert sich an Besucher des Studios, die erstaunt bemerkten, es sähe fast aus wie bei der DEFA.
Die meisten Amateurfilmstudios und Clubs waren als Kollektive organisiert. Das Afs Linum aber war im Grunde das Studio eines Einzelamateurs. Drei LPG-Kollegen (Günter Jüstel, Kurt Westphal und LPG-Dispatcher Joachim Berckholz) brachten sich regelmäßig ein, z.B. als Sprecher und natürlich auch als Darsteller. In der Presseberichterstattung wurden sie gerne als Mitarbeiter tituliert. Dennoch lag der gesamte Prozess von der Filmidee über das Drehbuch, die Filmaufnahmen, Schnitt und Vertonung bis hin zu den vielen Filmvorführungen in Jurkowskis Händen. Er war als einziger anfangs zeitweise, später komplett für die Filmarbeit frei gestellt. Viele seiner Kollegen konnten dafür kein Verständnis aufbringen.
(18) Filmvorführung mit anschließender Diskussion im Studio. Zu Gast (Mitte) ist der Filmautor Rolf Hempel, rechts LPG-Dispatcher Joachim Berckholtz
(19) Preise, Auszeichnungen und Urkunden an der Wand des Filmstudios
(20) Das Logo des Amateurfilmstudios LPG Linum wurde in verschiedenen Ausführungen jeweils im Vorspann der Filme verwendet
Als Autodidakt hat sich Jurkowski vor allem durch die Bücher von Rolf Hempel fortgebildet, „Wege zum Drehbuch“ hebt er hier besonders hervor. Punktuell bekam er als Amateur auch Schulung durch Vertreter der DEFA und der Filmhochschule. In der für ihn typischen Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein resümiert er: »Das bisschen was ich konnte, hab ich mir selber beigebracht. Durch das Fotografieren hatte ich wohl gelernt, Bildausschnitte zu suchen. Naja, und mit jedem Film wurde ich etwas besser.« Tatsächlich hatte sich das Afs Linum schon früh durch verschiedene Auszeichnungen einen Namen gemacht. Ein Foto zeigt zahlreiche Urkunden und Preise, die an der Wand des Vorführraums im Studio hängen. Die Filme kletterten die straff organisierte Wettbewerbs-Leiter für Amateurfilme hoch: von Kreis- über Bezirks-Ebene, dann in den zentralen Leistungsvergleich der DDR bis hin zu internationalen Wettbewerben.
Emil Jurkowski ist ein Phänomen: Einerseits hat er die gängigen Genres der Amateurfilmstudios bedient, allen voran die vom FDGB geförderten Arbeitsschutzfilme. Dies aber auf eine so überraschende und der Konvention nicht entsprechende Art, dass sie auffielen. Andererseits hat er mit der Wahl seiner Filmthemen auch bewusst seinen eigensinnigen Blick auf die Gesellschaft formuliert. Und all dies vor seinem Hintergrund als Bauer, über den er nicht nur filmisch in »Beleidigung« reflektiert. Welcher Anteil in ihm den größeren Raum einnimmt, Filmemacher oder Bauer? Jurkowski: »Der Filmemacher! Ich war nie mit Begeisterung Bauer. Aber das Filmen habe ich mit Leidenschaft getan.«